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Gaspreisschock führt zu "permanentem Wohlstandsverlust" in Deutschland
Die hohen Gaspreise infolge des Ukraine-Kriegs führen zu einem "permanenten Wohlstandsverlust" in Deutschland. Davor warnten die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute. Sie rechnen mit einer lang anhaltenden Rezession und einer Rekordinflation. Der Arbeitsmarkt dürfte aber stabil bleiben.
Die Institute rechnen in ihrem am Donnerstag präsentierten Herbstgutachten damit, dass die deutsche Wirtschaft in diesem Jahr - wegen des guten ersten Halbjahrs - noch um insgesamt 1,4 Prozent wachsen wird. Bereits im dritten Quartal dürfte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) aber schon leicht geschrumpft sein, und im Winterhalbjahr sei ein deutlicher Rückgang zu erwarten.
Im kommenden Jahr werde das BIP daher insgesamt um 0,4 Prozent zurückgehen. Ausgehend von diesem niedrigen Niveau erwarten die Forscher 2024 wieder ein Wachstum von 1,9 Prozent.
Die stark gestiegenen Gaspreise erhöhten die Energiekosten "drastisch" und führten zu einem "massiven gesamtwirtschaftlichen Kaufkraftentzug", heißt es im Gutachten. Mittelfristig dürfte sich die Lage "etwas entspannen" - dennoch dürften die Gaspreise deutlich über Vorkrisenniveau liegen. "Dies bedeutet für Deutschland einen permanenten Wohlstandsverlust."
Die Inflation dürfte nach Einschätzung der Experten im kommenden Jahr die Marke von im Schnitt 8,8 Prozent erreichen - viele private Haushalte werden erst im kommenden Jahr die höheren Energierechnungen zahlen müssen. In diesem Jahr rechnen die Ökonomen mit 8,4 Prozent Teuerung. 2024 werde "allmählich wieder" die Marke von zwei Prozent erreicht.
Im September erreichte die Inflation laut Statistischem Bundesamt den höchsten Stand seit mehr als 70 Jahren: Sie liegt voraussichtlich bei 10,0 Prozent im Vorjahresvergleich. Die Energiepreise stiegen um 43,9 Prozent.
Eine "stabilisierende Wirkung" auf die Wirtschaft geht vom Arbeitsmarkt aus, wie es im Gutachten hieß. Die Nachfrage nach neuen Arbeitskräften dürfte zwar angesichts der konjunkturellen Schwächephase zurückgehen. "Aufgrund des Personalmangels in vielen Branchen ist trotz der Wirtschaftskrise keine erhöhte Arbeitslosigkeit zu erwarten", sagte der Konjunkturchef des RWI - Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung, Torsten Schmidt.
Die Löhne werden demnach deutlich stärker steigen als in der Vergangenheit. 2024 würden die Erhöhungen deutlich über der Inflation liegen, so dass die Kaufkraft wieder "ausgeglichen" sei.
Auch die Unternehmen könnten die Energiepreisschocks "großteils" noch gut verkraften, sagte Schmidt. Sie hätten hohe Auftragsbestände, die Lieferengpässe gingen gleichzeitig zurück. Bislang könnten sie die gestiegenen Kosten an die Verbraucher weitergeben. Ausnahme sei die chemische Industrie. Auch die konsumnahen Dienstleistungen würden den Kaufkraftentzug deutlich spüren.
Die Berechnungen stellten die Forschungsinstitute für den Fall an, dass es im Winter keinen Gasmangel gibt. Bei einem Notstand dagegen müssten die Unternehmen ihre Produktion zusätzlich einschränken. Dann rechnen die Forscher mit einem Minus von 7,9 Prozent 2023 - und von einem weiteren Minus um 4,2 Prozent 2024.
Der Bundesverband der Deutschen Industrie erklärte, mit ihrer Prognose von minus 0,4 Prozent für 2023 "dürften die Institute die Wucht und Dauer des Abschwungs unterschätzt haben". Auch die Inflation werde aller Voraussicht nach im kommenden Jahr weiter zulegen.
Der Energiepreisschock "wird noch sehr lange nachwirken", heißt es im Gutachten. Oliver Holtemöller vom Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle wies auch auf eine positive Seite hin: Die Chance in der Krise liege darin, "dass neue Dinge schneller entwickelt werden", etwa Energiespartechnologien.
Der Regierung empfahlen die Wirtschaftswissenschaftler, Unternehmen und private Haushalte gezielt zu unterstützen. Verbraucherinnen und Verbraucher müssten in die Lage versetzt werden, ihre Strom- und Gasrechnung zu bezahlen, sagte Schmidt. Das Gutachten der Institute dient der Bundesregierung als Grundlage für ihre eigene Prognose.
O.Bulka--BTB