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Nach Wahlsieg von Borissow steht Bulgarien vor schwieriger Regierungsbildung
Auch nach der vierten Parlamentswahl binnen 18 Monaten in Bulgarien zeichnet sich eine schwierige Regierungsbildung ab. Die konservative Partei Gerb von Ex-Regierungschef Bojko Borissow ging Teilergebnissen zufolge mit bis zu 25 Prozent der Stimmen als stärkste Kraft aus der Wahl am Sonntag hervor. Die Suche nach Koalitionspartnern könnte sich allerdings schwierig gestalten.
Die neu gegründete Partei "Wir setzen den Wandel fort" (PP) des im Juni gestürzten liberalen Ministerpräsidenten Kiril Petkow kam laut Teilergebnissen auf 19 bis 20 Prozent. Petkow räumte am Sonntagabend seine Niederlage ein. Er war im Juni nach nur sieben Monaten im Amt durch ein Misstrauensvotum gestürzt worden. Die Wähler hätten Borissow ein Mandat zur Regierungsbildung gegeben, sagte er. Eine Koalition mit der Gerb schloss er aus.
Borissow zeigte sich offen für Gespräche mit "allen Parteien". Doch es dürfte schwierig für ihn werden - Borissows Image ist beschädigt. Der ehemalige Ministerpräsident Bulgariens musste 2021 nach Massenprotesten gehen. Borissow rief andere Politiker am Sonntag "zur Vernunft" auf und erklärte, er sei "offen" für alle, die "Bulgariens Platz in der EU und der Nato" verteidigten.
Petkow erteilte ihm umgehend eine Absage. "Wir haben versprochen, uns nicht mit Gerb zu verbünden und wir werden unser Wort halten", sagte er. Stattdessen wolle er eine "Opposition sein", welche die Ausgaben des Landes für jeden Lew genau prüfe.
Ein potenzieller Koalitionspartner für den 63-jährigen Borissow wäre die Partei der türkischen Minderheit MDL, die den Teilergebnissen zufolge auf 15 Prozent kam. Auch zwei pro-russische Parteien lagen bei jeweils etwa 15 Prozent. In dem zersplitterten Parlament zeichnet sich aber keine klare Koalition ab.
"Die Situation ist die gleiche, wenn nicht sogar komplizierter als nach der letzten Wahl", sagte der Politikwissenschaftler Daniel Smilow vom Politikinstitut Zentrum für liberale Strategien dem Sender BTV. Koalitionen, die damals eine Option gewesen seien, "sind heute nicht mehr möglich".
Die Direktorin des Instituts Alpha Research, Borjana Dimitrowa, sagte "lange Verhandlungen" voraus. Einige Experten sprechen bereits von Neuwahlen.
Der Wahlkampf im ärmsten EU-Mitgliedstaat wurde diesmal nicht vom Thema Korruption, sondern vom Ukraine-Krieg und den unsicheren Gas-Lieferungen dominiert. Bulgarien ist historisch und kulturell eng mit Russland verbunden. Der russische Einmarsch in die Ukraine hat in dem Land mit seinen 6,5 Millionen Einwohnern tiefe Spaltungen verursacht.
Während Borissow versuchte, die Beziehungen sowohl zur EU als auch zu Russland und der Türkei nicht zu gefährden, nahm Petkow im Wahlkampf eine klare pro-europäische Haltung ein.
Die Wahlbeteiligung war sehr niedrig, am Sonntagnachmittag lag sie bei nur 25 Prozent. "Wir brauchen in diesen unruhigen Zeiten Leute mit Erfahrung", sagte ein 62-jähriger Wähler, nachdem er in einem Vorort von Sofia seine Stimme abgegeben hatte. "Bojko" sei Einiges vorzuwerfen, aber er sei "das kleinere Übel".
Eine 47-jährige Krankenschwester lobte Borissows Fähigkeit, zwischen westlichen und russischen Interessen zu manövrieren. "Der Krieg ist sehr nahe an uns dran", sagte sie. "Wir sollten besser niemanden provozieren."
A.Gasser--BTB