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Ukraine beziffert Geländegewinne im Süden auf 400 Quadratkilometer
Die Ukraine hat nach eigenen Angaben seit Anfang Oktober mehr als 400 Quadratkilometer Gebiet in der Region Cherson zurückerobert. Die Streitkräfte hätten seither ein Gebiet diesen Umfangs in der südlichen Region "befreit", sagte am Donnerstag die Sprecherin des ukrainischen Militärkommandos Süd, Natalia Gumenjuk. Unterdessen wurden bei Angriffen auf die Stadt Saporischschja im Süden und den ukrainisch besetzten Teil der östlichen Region Donezk wieder Zivilisten getötet.
Die ukrainische Armee bezifferte die eigenen Geländegewinne in der Region Cherson auf 29 Ortschaften seit Monatsbeginn. Die russische Armee schrieb hingegen am Donnerstag in ihrem täglichen Bericht, es sei ihr in der Region gelungen, den "Feind zurückzuschlagen".
Cherson ist eine der vier Regionen in der Ukraine, die Russland ungeachtet internationaler Proteste für annektiert erklärt hatte. Die Annexionen der Gebiete wird vom Westen und anderen Ländern nicht akzeptiert und als Bruch des Völkerrechts verurteilt.
Insgesamt machen die derzeit russisch besetzten Gebiete in der Ukraine rund 20 Prozent des ukrainischen Staatsgebiets aus und bilden einen Landkorridor von der Krim bis zur russischen Grenze.
Am Mittwoch hatte die Ukraine bereits in der ebenfalls von Russland beanspruchten Region Luhansk Durchbrüche gemeldet. Mehrere Siedlungen in der östlichen Region seien bereits "befreit" worden, die ukrainische Armee habe dort die Fahne der Ukraine gehisst. Luhansk war zuvor fast vollständig unter russischer Kontrolle.
Die Ukraine meldet seit Tagen Geländegewinne in den von Russland beanspruchten Gebieten im Osten und Süden des Landes.
Unterdessen starben bei Angriffen auf ukrainische Städte weitere Zivilisten. Am Donnerstagmorgen trafen russische Geschosse die ukrainisch kontrollierte Stadt Saporischschja in der gleichnamigen Region. Mehrere Menschen wurden dabei getötet. Journalisten der Nachrichtenagentur AFP beobachteten Rettungskräfte, die mit bloßen Händen in den Trümmern eingestürzter Gebäude nach Überlebenden suchten.
Auch die Region Saporischschja hat Russland für annektiert erklärt. In der Region liegt auch auch das von der russischen Armee besetzte größte Atomkraftwerk Europas. Kreml-Chef Wladimir Putin das Akw am Mittwoch per Dekret unter russische Verwaltung gestellt.
Der Direktor der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Rafael Grossi unterstrich bei einem Besuch in Kiew jedoch, das Akw sei ungeachtet der Entscheidung Putins "offensichtlich" ukrainisch. Grossi drückte zudem erneut seine Besorgnis wegen der "sehr deutlichen" Möglichkeit eines Atomunfalls in der Anlage aus.
Grossi war zuvor vom ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj empfangen worden. Von Kiew wollte er nach Moskau weiterreisen. Vor seinem Besuch in der ukrainischen Hauptstadt hatte der IAEA-Chef erklärt, er wolle Gespräche über die Errichtung einer Sperrzone um das Atomkraftwerk zu führen. Diese sei dringender nötig denn je.
Das Akw Saporischschja war in den vergangenen Wochen regelmäßig unter Beschuss geraten, was die Angst vor einer nuklearen Katastrophe schürte. Russland und die Ukraine machten sich gegenseitig für den Beschuss verantwortlich.
Im ukrainisch kontrollierten Teil der ebenfalls von Moskau beanspruchten Region Donezk wurden binnen 24 Stunden dem ukrainischen Präsidentschaftsbüro zufolge mindestens 14 Menschen getötet und drei weitere verletzt.
"Die Russen greifen immer wieder absichtlich Zivilisten an, um Angst zu schüren", erklärte der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba am Donnerstag in Onlinediensten. "Der russische Terror muss gestoppt werden - mit Waffengewalt, Sanktionen und einer vollständigen Isolierung", forderte er.
Selenskyj rief in einer Videoansprache beim Gründungsgipfel der neuen Europäischen Politischen Gemeinschaft in Prag den Westen mit drastischen Worten zu weiterer militärischer Hilfe auf. Es müsse verhindert werden, "dass russische Panzer nach Warschau oder Prag fahren". Russland müsse "bestraft" und der Krieg "jetzt gewonnen werden".
R.Adler--BTB