Berliner Tageblatt - Julia Nawalnaja: Putin hat Leiche meines Mannes als "Geisel" genommen

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Julia Nawalnaja: Putin hat Leiche meines Mannes als "Geisel" genommen
Julia Nawalnaja: Putin hat Leiche meines Mannes als "Geisel" genommen / Foto: © POOL/AFP

Julia Nawalnaja: Putin hat Leiche meines Mannes als "Geisel" genommen

Die Witwe des Kreml-Kritikers Alexej Nawalny hat dem russischen Präsidenten Wladimir Putin vorgeworfen, die Leiche ihres in der Haft gestorbenen Mannes als "Geisel" genommen zu haben. Putin wolle damit Nawalnys Mutter Ljudmila "zwingen, einer geheimen Beerdigung zuzustimmen", sagte Julia Nawalnaja am Samstag in einem Online-Video. Der russische Ex-Präsident Dmitri Medwedew kündigte derweil Rache an für die jüngsten Sanktionen des Westens im Zusammenhang mit Nawalnys Tod.

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"Ihr habt ihn zu Lebzeiten gefoltert, jetzt foltert ihr ihn nach seinem Tod", sagte Julia Nawalnaja in ihrer Videobotschaft. Ihr sei vollkommen klar, "dass dies nicht von irgendeinem Ermittler in Salechard organisiert" werde, sagte sie mit Blick auf die nächstgelegene Stadt zu dem abgelegenen Gefängnis, in dem ihr Mann gestorben war.

"Putin leitet das alles", sagte die Witwe. Putin gebe die Befehle, die besagten: "Gebt ihn nicht heraus, übt Druck auf die Mutter aus, brecht sie, sagt ihr, dass der Körper ihres Sohnes verwest ist", sagte Nawalnaja.

Seit mehr als einer Woche versucht Ljudmila Nawalnaja, Zugang zum Leichnam ihres Sohnes zu erhalten. Nawalnys Sprecherin Kira Jarmisch zufolge drohten russische Ermittler damit, die Leiche Nawalnys auf dem Gelände der Strafkolonie zu begraben, in der er zu Tode kam, wenn seine Familie einer geheimen Beerdigung nicht zustimmt.

Beobachtern zufolge befürchtet der Kreml, dass eine öffentliche Beerdigung zu einem Großereignis werden könnte. Mitte März sind in Russland Präsidentschaftswahlen angesetzt. Der erneute Wahlsieg Putins steht bereits jetzt so gut wie fest, da er keine ernsthafte Konkurrenz hat.

Der Tod des seit Jahren in Russland inhaftierten Nawalny war am Freitag vergangener Woche bekannt gegeben geworden. Er starb in einem Straflager am Polarkreis im Alter von 47 Jahren.

Der Tod des prominentesten Widersachers von Kreml-Chef Putin löste international Bestürzung aus. Neben Nawalnys Witwe machen zahlreiche westliche Politiker die russische Führung sowie Putin persönlich für seinen Tod verantwortlich. Moskau wies die Anschuldigungen zurück.

Nawalnaja hatte nach dem Tod ihres Mannes angekündigt, sie wolle dessen Kampf fortsetzen. In ihrer Videobotschaft prangerte sie auch die russische Militäroffensive in der Ukraine an, die Putin vor zwei Jahren in Gang gesetzt hatte. "Ihr tötet einfach nur. Ihr tötet nur schlafende Menschen in der Nacht mit Raketen, die von der Kirche gesegnet sind", sagte Nawalnaja, und mit Blick auf die Täter: "Sie werden sich für all das verantworten müssen."

Der frühere russische Präsident Medwedew reagierte derweil mit scharfen Worten auf die neuen westlichen Sanktionen im Zusammenhang mit Nawalnys Tod. "Wir müssen uns daran erinnern und uns an ihnen rächen, wo immer es möglich ist. Sie sind unsere Feinde", schrieb der stellvertretende Vorsitzende des russischen Sicherheitsrats am Samstag im Onlinedienst Telegram. Medwedew rief zudem dazu auf, in westlichen Ländern verdeckte Operationen auszuführen. Er sprach von "Aktivitäten einer bestimmten Art, über die man nicht öffentlich reden kann".

Die USA hatten am Freitag anlässlich des zweiten Jahrestags der russischen Offensive in der Ukraine und im Zusammenhang mit dem Tod Nawalnys neue massive Sanktionen gegen Moskau verkündet. Zuvor hatte auch die EU ein neues Sanktionspaket angekündigt.

Die neuen US-Sanktionen richten sich gegen mehr als 500 Einzelpersonen und Einrichtungen und betreffen unter anderem den Rüstungssektor, das Netzwerk zur Drohnen-Beschaffung und das Zahlungssystem Mir. Betroffen sind auch drei Führungskräfte des Strafvollzugssystems, die mit der Inhaftierung Nawalnys befasst waren.

W.Lapointe--BTB