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Selenskyj zeigt sich siegesgewiss und pocht auf rechtzeitige Militärhilfe
Trotz der jüngsten Rückschläge hat sich der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am zweiten Jahrestag des russischen Angriffs siegesgewiss gezeigt. "Wir werden siegen", sagte er am Samstag bei einer Gedenkveranstaltung mit mehreren westlichen Regierungsvertretern nahe Kiew. Später mahnte Selenskyj bei einer G7-Videokonferenz "rechtzeitige" Militärhilfe an. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) besuchte unterdessen die Stadt Odessa am Schwarzen Meer.
Der russische Präsident Wladimir Putin müsse "alles verlieren, wie hier in Hostomel", sagte Selenskyj mit Blick auf die Kämpfe um den Flugplatz in Hostomel. Der Militärflugplatz war in den ersten Kriegstagen von russischen Einheiten erobert worden, die später aber wieder von der ukrainischen Armee vertrieben wurden.
Begleitet wurde Selenskyj von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni, dem belgischen Ministerpräsidenten Alexander de Croo sowie dem kanadischen Premierminister Justin Trudeau, die am Morgen zu Solidaritätsbesuchen in der Ukraine eingetroffen waren.
Von der Leyen würdigte "den außergewöhnlichen Widerstand des ukrainischen Volkes". Die EU stehe fest an der Seite Kiews. "Bis das Land endlich frei ist", betonte die EU-Kommissionspräsidentin im Onlinedienst X. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) erklärte auf X, die Ukraine werde bestehen, "weil sie stark ist und mutig und weil sie Freunde hat in Europa und überall in der Welt".
Baerbock besuchte begleitet vom ukrainischen Außenminister Dmytro Kuleba die strategisch wichtigen Hafenanlagen in Odessa, wie ein AFP-Reporter berichtete. Am Abend sagte Baerbock dem Land bei einer Pressekonferenz weitere deutsche Waffenhilfe zu. "Wir unterstützen Euch jeden weiteren Tag, auch mit Waffenlieferungen", sagte die Ministerin. Sie räumte jedoch ein, dass "viel mehr Munition, viel mehr Luftverteidigung, viel mehr Artillerie" nötig sei.
Die russische Armee war auf Putins Befehl am 24. Februar 2022 in die Ukraine einmarschiert. Nach mehr als einem Jahr festgefahrener Kämpfe geht Moskau mittlerweile vor allem in der Ostukraine wieder in die Offensive. Die ukrainischen Soldaten leiden unterdessen zunehmend unter Munitionsmangel.
Selenskyj fordert immer wieder beschleunigte Munitions- und Waffenlieferungen von den westlichen Verbündeten. "Sie wissen sehr gut, was wir zum Schutz unseres Himmels benötigen, zur Stärkung unserer Bodentruppen, und sie wissen, was wir brauchen, um uns zu behaupten", sagte Selenskyj am Samstag bei einer Videokonferenz der G7-Staaten und fügte hinzu: "Und Sie wissen genau, dass wir all dies rechtzeitig brauchen, und wir zählen auf Sie."
Von entscheidender Bedeutung für Kiew ist die Unterstützung der USA. In Washington wird jedoch ein neues Ukraine-Hilfspaket in Höhe von 60 Milliarden Dollar (rund 55,7 Milliarden Euro) auf Geheiß von Ex-Präsident Donald Trump, der im November erneut zur Wahl antreten will, seit Monaten von den oppositionellen Republikanern im Kongress blockiert.
Neue Militärhilfe erhält Kiew unterdessen aus Großbritannien. London werde umgerechnet 287 Millionen Euro bereitstellen, um die ukrainische Armee mit "dringend benötigter Artilleriemunition" zu versorgen, erklärte das britische Verteidigungsministerium. Am Donnerstag hatte Großbritannien die Lieferung von 200 weiteren Panzerabwehrraketen bestätigt.
Zudem schlossen in Kiew nach Deutschland und anderen Ländern nun auch Italien und Kanada bilaterale Sicherheitsvereinbarungen mit der Ukraine. Wie das Büro Trudeaus mitteilte, sieht die Vereinbarung in diesem Jahr kanadische Finanz- und Militärhilfe im Umfang von rund 2,2 Milliarden Dollar für die Ukraine vor.
Von der Leyen kündigte an, dass die EU im März 4,5 Milliarden Euro an Kiew auszahle. Es handele sich um die erste Tranche des kürzlich von den EU-Mitgliedsländern beschlossenen 50-Millarden-Pakets für die Ukraine.
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg lobte "den Mut und die Entschlossenheit" der Ukrainer und stellte dem Land erneut eine Mitgliedschaft in der Allianz in Aussicht. Die Lage auf dem Schlachtfeld sei aber "nach wie vor äußerst ernst", sagte Stoltenberg.
Trotz der Schwierigkeiten an der Front zeigte sich der ukrainische Armeechef Oleksandr Syrsky im Onlinedienst Telegram zuversichtlich, "weil Licht immer über die Dunkelheit siegt".
Der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu sagte nach Armeeangaben bei einem Truppenbesuch in der Ostukraine, der Vorteil liege "auf unserer Seite". Russland hatte zuletzt mit der Einnahme der monatelang erbittert umkämpften ostukrainischen Stadt Awdijiwka einen bedeutenden Geländegewinn erzielt.
Unterdessen kam es in der russischen Hauptstadt Moskau nach Angaben unabhängiger Medien zu Festnahmen auch von Journalisten bei einem Protest der Ehefrauen von Soldaten, die für die Kämpfe in der Ukraine mobilisiert wurden. Die Soldatenfrauen legen immer samstags Blumen am Grabmal des unbekannten Soldaten ab - eine symbolische Aktion im Schatten der Kremlmauern.
In zahlreichen Ländern wurden Solidaritätskundgebungen mit der Ukraine organisiert, unter anderem vor dem Brandenburger Tor in Berlin. Auch in Paris, London und anderen europäischen Städten wurde demonstriert.
J.Bergmann--BTB