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Nach Verurteilungen: Hunderte demonstrieren in Tunis gegen Mediengesetz
In Tunis haben hunderte Demonstranten gegen eine Reihe von Festnahmen und Verurteilungen im Zusammenhang mit einem Dekret von Präsident Kais Saied zum Verbot der "Verbreitung falscher Nachrichten" protestiert. Die Demonstranten riefen bei den Protesten am Freitag Slogans wie "Nieder mit der Diktatur" und "Diktator Kais, jetzt bist du dran". Sie spielten damit auf den Arabischen Frühling im Jahr 2011 an, bei dem der langjährige Diktator Zine El Abidine Ben Ali gestürzt worden war.
Am Mittwoch hatten zwei tunesische Medienvertreter einjährige Gefängnisstrafen erhalten, nachdem sie aus Behördensicht kritische Kommentare gemacht hatten. Es waren die jüngsten Anklagen unter dem Dekret 54 aus dem Jahr 2022. Der Rundfunksprecher Borhen Bssais und der politische Kommentator Mourad Zeghidi wurden jeweils zu sechs Monaten Haft für die Verbreitung "falscher Nachrichten" und zu weiteren sechs Monaten für die "Verbreitung von Nachrichten, die falsche Informationen enthalten, mit dem Ziel der Verleumdung anderer" verurteilt.
Seit Inkrafttreten von Dekret 54 wurden nach Angaben der tunesischen Journalistengewerkschaft mehr als 60 Journalisten, Anwälte und Oppositionelle strafrechtlich verfolgt. Die Festnahmen wurden unter anderem von den Vereinten Nationen, der Europäischen Union und den USA kritisiert, ebenso von der ehemaligen Kolonialmacht Frankreich.
Präsident Saied hat im Juli 2021 mithilfe eines Notstandsartikels der Verfassung die damalige Regierung und das Parlament entmachtet. In der Folge trieb er eine Verfassungsänderung voran, die ihm deutlich mehr Macht verlieh. Zudem setzte Saied ein neues Mehrheitswahlrecht durch, das die Rolle politischer Partien schwächte.
F.Müller--BTB