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Wirtschaftsexperten fordern von USA Freigabe afghanischer Milliarden
Knapp ein Jahr nach der Rückkehr der radikalislamischen Taliban an die Macht in Afghanistan haben dutzende Wirtschaftsexperten die US-Regierung aufgefordert, eingefrorene Milliarden der afghanischen Zentralbank freizugeben. Das Zurückhalten der sieben Milliarden Dollar (6,85 Milliarden Euro) verschlimmere die wirtschaftliche und humanitäre Krise in dem Land, erklärten die 71 Ökonomen und Entwicklungsexperten in einem am Mittwoch veröffentlichten Brief an US-Präsident Joe Biden und Finanzministerin Janet Yellen.
Die Autoren des Briefes, unter ihnen Wirtschafts-Nobelpreisträger Joseph Stiglitz und der frühere griechische Finanzminister Yanis Varoufakis, zeigten sich "zutiefst besorgt über die sich in Afghanistan entwickelnde wirtschaftliche und humanitäre Katastrophe und insbesondere die Rolle der US-Politik". Ohne Zugang zu ihren Devisen könne die afghanische Zentralbank nicht ihre "normalen, grundlegenden Funktionen" ausüben. "Ohne funktionierende Zentralbank ist die afghanische Wirtschaft erwartungsgemäß zusammengebrochen."
Die Auslandsreserven der afghanischen Zentralbank würden eine zentrale Rolle für die Wirtschaft des Landes spielen - um das Geldangebot zu regulieren, die Währung zu stabilisieren und Importe - vor allem Lebensmittel und Öl - zu finanzieren.
Die Wirtschaftsexperten zeichneten ein düsteres Bild von der Lage in Afghanistan. "70 Prozent der afghanischen Haushalte können ihre grundlegenden Bedürfnisse nicht erfüllen", schrieben sie in ihrem Brief. "Rund 22,8 Millionen Menschen - mehr als die Hälfte der Bevölkerung - ist mit akuter Nahrungsmittel-Unsicherheit konfrontiert, und drei Millionen Kindern droht eine Unterernährung."
Die US-Regierung hatte nach der Machtübernahme der Taliban nach dem westlichen Truppenabzug aus Afghanistan im August 2021 sieben Milliarden Dollar der afghanischen Zentralbank eingefroren, die in den USA gelagert sind. Im Februar erklärte die Biden-Regierung, die Hälfte davon solle der notleidenden afghanischen Bevölkerung zugute kommen. Allerdings müsse das Geld auch wirklich bei der Bevölkerung ankommen.
Die andere Hälfte der eingefrorenen Zentralbankgelder soll für Angehörige von Opfern der Terroranschläge vom 11. September 2001 zurückgehalten werden. Die Wirtschaftsexperten verurteilten dies in ihrem Schreiben an die US-Regierung. "Die gesamten sieben Milliarden Dollar gehören dem afghanischen Volk", schrieben sie. "Weniger als den gesamten Betrag zurückzugeben untergräbt die Erholung einer zugrunde gerichteten Wirtschaft."
In ihrem Brief gehen die Experten auch auf zwei Milliarden Dollar an afghanischen Zentralbankgeldern ein, die von Deutschland, Großbritannien und den Vereinigten Arabischen Emiraten eingefroren wurden.
H.Seidel--BTB