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Zunehmende Sorge vor Katastrophe im ukrainischem Atomkraftwerk Saporischschja
Im Ukraine-Krieg wächst die Sorge vor einer nuklearen Katastrophe im von russischen Truppen besetzten Atomkraftwerk Saporischschja. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj warnte am Donnerstag, Russland könne in Saporischschja "die größte atomare Katastrophe in der Geschichte" verursachen - mit noch schlimmeren Folgen als bei der Atomkatastrophe von Tschernobyl 1986. Aus der Gegend um Saporischschja wird seit Tagen heftiger Beschuss gemeldet. Der UN-Sicherheitsrat berief deshalb eine Krisensitzung ein.
Russland und die Ukraine machen sich gegenseitig für die Angriffe am Akw Saporischschja im Süden der Ukraine verantwortlich. Selenskyj sagte am Donnerstag in einer Videoschalte zum Auftakt einer Geberkonferenz in Kopenhagen, Russland sei ein "terroristischer Staat", der das Atomkraftwerk im Ukraine-Krieg als "Geisel" nehme und zur "Erpressung" nutze.
In der Nacht zum Mittwoch waren bei Bombenangriffen in der Umgebung des Akw nach ukrainischen Angaben 14 Menschen getötet worden. In der Nacht zum Donnerstag seien in der Stadt Nikopol, die etwa hundert Kilometer von dem Akw entfernt am anderen Ufer des Dnipro liegt, drei Menschen durch russische Raketenangriffe getötet worden.
Auch aus dem ostukrainischen Donbass wurde am Donnerstag massiver russischer Beschuss gemeldet. Nach Angaben des Gouverneurs der Region Donezk, Pawlo Kyrylenko, wurden dabei binnen 24 Stunden elf Zivilisten getötet, darunter sechs in Bachmut und drei in der Nachbarstadt Soledar.
Die von Russland beantragte Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats zu Saporischschja sollte nach Angaben aus Diplomatenkreisen am Donnerstagabend (MESZ) in New York stattfinden. Russland ist neben China, Frankreich, Großbritannien und den USA ständiges Mitglied im Sicherheitsrat und besitzt dort Vetorecht - eine Verurteilung Moskaus ist damit ausgeschlossen.
Bei der Sitzung wollte der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Rafael Grossi, die 15 Mitgliedstaaten des Sicherheitsrates über die Lage an dem Atomkraftwerk informieren und sich dabei auch zu Fragen der atomaren Sicherheit äußern. Er wollte nach Angaben der IAEA auch auf Bemühungen eingehen, "so bald wie möglich" eine Expertenmission zu dem Atomkraftwerk zu schicken. Am Wochenende hatte sich die IAEA bereits "alarmiert" über die Lage vor Ort gezeigt und vor einer "sehr realen Gefahr einer nuklearen Katastrophe" gewarnt.
Die im Süden der Ukraine gelegene Anlage ist das größte Atomkraftwerk Europas und verfügt über sechs der insgesamt 15 ukrainischen Atomreaktoren. Sie ist seit Anfang März von der russischen Armee besetzt.
Die G7-Staaten hatten Russland am Mittwoch nachdrücklich aufgefordert, seine Armee vom Gelände des Kernkraftwerkes zurückzuziehen. "Es ist Russlands fortdauernde Herrschaft über das Kernkraftwerk, welche die Region gefährdet", erklärten die G7-Außenminister in einer gemeinsamen Mitteilung.
Am Dienstagabend hatte der ukrainische Betreiber Energoatom der russischen Seite vorgeworfen, sie wolle das Atomkraftwerk an das Stromnetz der besetzten Halbinsel Krim anschließen. Dazu würden Stromleitungen der Anlage beschädigt, die mit dem ukrainischen Stromnetz verbunden seien.
Das lettische Parlament stufte Russland wegen des Angriffskriegs auf die Ukraine unterdessen als "Terror unterstützenden Staat" ein. Die Abgeordneten verabschiedeten eine Entschließung, in der die Gewalt gegen Zivilisten als Terrorismus und "gezielter Völkermord am ukrainischen Volk" verurteilt wird. Konkret verwiesen die Abgeordneten etwa auf den Einsatz von geächteter Streumunition im Ukraine-Krieg.
A.Gasser--BTB