Berliner Tageblatt - Agrarpolitik: Brüssel schlägt Ausnahmen von Bürokratieauflagen vor - Özdemir begrüßt Vorschläge

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Agrarpolitik: Brüssel schlägt Ausnahmen von Bürokratieauflagen vor - Özdemir begrüßt Vorschläge
Agrarpolitik: Brüssel schlägt Ausnahmen von Bürokratieauflagen vor - Özdemir begrüßt Vorschläge / Foto: © AFP

Agrarpolitik: Brüssel schlägt Ausnahmen von Bürokratieauflagen vor - Özdemir begrüßt Vorschläge

Vor dem Hintergrund anhaltender Bauernproteste hat die EU-Kommission neue Zugeständnisse an die Landwirtschaft vorgeschlagen. Kontrollbesuche in den Betrieben sollen annähernd halbiert werden, wie die Kommission am Donnerstag mitteilte. Landwirtinnen und Landwirte müssten den Vorschlägen zufolge unter bestimmten Umständen zudem nicht mehr mit Strafen rechnen, wenn sie die Auflagen aus Brüssel nicht erfüllen. Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) erklärte, er habe für Deutschland bereits ähnliche Vorschläge vorgelegt.

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Anstelle der wegfallenden Kontrollbesuche sollen laut dem EU-Vorschlag digitale Überwachungssysteme ausgebaut werden, um den bürokratischen Aufwand zu senken. Im Fall von Klimakatastrophen wie Dürren oder Überflutungen sollen keine Strafen an die Betriebe verhängt werden.

Die Betriebe sollen nach Vorstellung der EU-Kommission zudem mehr Wiesenflächen in Ackerland umwandeln dürfen. In der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der Europäischen Union ist eigentlich geregelt, dass Wiesenflächen dauerhaft erhalten werden müssen. Die Ausnahme würde vor allem Betrieben in der Tierhaltung zugute kommen, die wegen schlecht laufender Geschäfte ihre Bestände reduzieren müssen.

Brüssel prüft zudem weitere Ausnahmen bei den Vorgaben für den Anbau von Pflanzen, die keinen Ertrag bringen, sondern lediglich zwischen den Anbauphasen den Boden bedecken. Mitte Februar hatte die Kommission bereits Ausnahmen beim erforderlichen Anteil von Brachland auf Ackerflächen durchgesetzt, die Regelung wurde durch eine deutlich schwächere Vorgabe für den Anbau von Zwischenfrüchten ersetzt.

Die EU-Kommission reagiert mit den Zugeständnissen auf die anhaltenden Bauernproteste in mehreren europäischen Ländern wie Deutschland und Frankreich. Am Montag sollen in Brüssel die Agrarministerinnen und -minister der EU-Länder über die Vorschläge beraten.

Die Kommission wolle "den Druck mindern, dem unsere hart arbeitenden Landwirte und Landwirtinnen derzeit ausgesetzt sind", erklärte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. So werde unter anderem der Bürokratieaufwand reduziert. EU-Landwirtschaftskommissar Janusz Wojciechowski fügte hinzu, die Botschaft der Bäuerinnen und Bauern sei "eindeutig". Sie wollten auf ihren Feldern arbeiten und nicht hinter Aktenordnern sitzen.

Ähnlich äußerte sich der Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, Cem Özdemir: "Landwirtinnen und Landwirte wollen auf dem Feld oder im Stall stehen und nicht am Schreibtisch sitzen", sagte Özdemir laut einer Erklärung des Ministeriums. "Damit sie dafür mehr Zeit haben, will ich, dass die Arbeit im Büro einfacher wird. Ich begrüße sehr, dass die EU-Kommission dieses Ziel teilt."

Das Motto für Vereinfachungen in der GAP müsse sein: "Planbarkeit und Praktikabilität – das erwarten die Landwirtinnen und Landwirte jetzt zurecht." Es gehe darum, "gemeinsam in der EU strukturelle Lösungen für strukturelle Probleme zu finden", erklärte Özdemir. Die Vorschläge der Kommission zur GAP seien "zum Teil auch deckungsgleich mit unseren Ideen, zum Beispiel Vereinfachungen beim Flächenmonitoring oder erleichterte Anpassungen der GAP-Strategiepläne", fügte der Landwirtschaftsminister hinzu. Auf seine Initiative hin hätten die Bundesländern bereits "Ideen zusammengetragen, wie die Bäuerinnen und Bauern von Bürokratie entlastet werden können".

In Deutschland demonstrieren Landwirte seit Wochen gegen schwierige Arbeitsbedingungen und geplante Subventionskürzungen. Wie die Bamberger Polizei am Donnerstag mitteilte, prüft sie derzeit versammlungsrechtliche beziehungsweise strafrechtliche Verstöße bei einem spontanen Bauern-Protest gegen die Jahreshauptversammlung des Grünen-Kreisverbands im bayerischen Hirschaid.

Etwa 300 Demonstranten mit ihren über 60 Traktoren und Autos brachten demnach ihren Unmut über die Partei lautstark zum Ausdruck. Laut Polizei gab es Störaktionen wie Leuchten mit Scheinwerfern und Hineinfilmen in den Veranstaltungsraum, Klopfen an den Fenstern und Lärmbeeinflussung durch eine Sirene. Die verunsicherten die Teilnehmer der Jahreshauptversammlung seien nach deren Ende in Kleingruppen durch Polizeikräfte zu ihren Fahrzeugen begleitet worden.

O.Lorenz--BTB