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Argwohn und Skepsis nach angekündigter "Pause" für Justizreform in Israel
Das Ende der Krise ist noch nicht in Sicht: Mit Skepsis haben Opposition und Medien in Israel auf die Ankündigung einer "Pause" bei der Justizreform durch Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu reagiert. Der Ministerpräsident wisse, "wie man eine krachende Niederlage mit hübschen Worten in ein Unentschieden verwandelt", hieß es am Dienstag in der israelischen Tageszeitung "Jediot Aharonot". Die Opposition erklärte ihre Bereitschaft zum Dialog, reagierte aber mit Argwohn.
Netanjahu hatte die "Pause" am Montag angekündigt, nachdem sich die wochenlangen, heftigen Proteste verstärkt hatten und es zu Spannungen in seiner Regierung gekommen war. Die endgültige Verabschiedung der einzelnen Gesetzesprojekte zur Justizreform solle erst nach Beginn der neuen Parlamentsperiode Mitte April erfolgen, sagte der Ministerpräsident in einer Fernsehansprache. Das Vorhaben seiner rechtsreligiösen Koalition sorgt seit Wochen für Massenproteste.
Was auch immer Netanjahu "sagt oder sagen wird, wenige glauben ihm", schrieb Leitartikler Nahum Barnea in der Zeitung "Jediot Aharonot". "Ich glaube, das Vertrauen in ihn ist nicht groß, auch nicht bei den rechten Demonstranten, die gestern zu Tausenden gekommen sind". Am Montagabend hatten erstmals auch Befürworter der Justizreform in Jerusalem demonstriert.
Oppositionsführer Jair Lapid signalisierte am Montag Gesprächsbereitschaft, blieb aber vorsichtig: "Wir haben in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen gemacht und werden daher zunächst sicherstellen, dass es sich nicht um eine List oder einen Bluff handelt."
Präsident Isaac Herzog rief zu einem "aufrichtigen, ernsthaften und verantwortungsvollen Dialog" auf. Am Montag hatte er angegeben, Gespräche über die Reform auszurichten, ein Sprecher Herzogs konnte der Nachrichtenagentur AFP aber auf Anfrage keinen Zeitplan nennen.
Die Parteien von Lapid und dem ehemaligen Verteidigungsminister Benny Gantz erklärten am Dienstag in einer gemeinsamen Stellungnahme, solche Gespräche würden sofort eingestellt, "wenn das Gesetz auf die Tagesordnung der Knesset gesetzt wird". Die Opposition ernannte bereits Vertreter für die mit Spannung erwarteten Verhandlungen - ein Schritt, den Netanjahus Likud-Partei bislang nicht unternommen hat. "Das Ziel ist es, eine Einigung zu erzielen", erklärte Netanjahu nur am Dienstag.
Aktivisten kündigten indes an, die Proteste fortzusetzen. Es handele sich um einen "weiteren Versuch Netanjahus", die israelische Öffentlichkeit zu manipulieren, um "den Protest zu schwächen und dann eine Diktatur zu errichten", erklärte die Sammelbewegung der Demonstrierenden. "Wir werden den Protest nicht einstellen, bis der Justiz-Putsch vollständig gestoppt ist", hieß es weiter.
Die Krise hat tiefe Spaltungen innerhalb von Netanjahus Koalition offengelegt, an der ultra-orthodoxe und rechtsextreme Parteien beteiligt sind. Am Sonntagabend hatte Netanjahu seinen Verteidigungsminister und bis dahin engen Vertrauten Joav Gallant entlassen, nachdem sich dieser als erster Regierungsvertreter für einen Stopp der Pläne zum Umbau der Justiz und einen Dialog mit den Kritikern ausgesprochen hatte.
Der ultrarechte Finanzminister Bezalel Smotrich hatte am Montag hingegen im Onlinedienst Twitter versichert, es gebe "kein Zurück" beim Umbau der Justiz. Der rechtsextreme Sicherheitsminister Itamar Ben Gvir rief zugleich seine Unterstützer zu Demonstrationen für die Reform auf. Ben Gvirs Partei Jüdische Kraft enthüllte am Montag, dass eine Vereinbarung über die Erweiterung von Ben Gvirs Zuständigkeiten an die Entscheidung zum Aufschub der Justizreform geknüpft sei - nachdem der Sicherheitsminister mit dem Rücktritt gedroht hatte, sollte die Reform auf Eis gelegt werden.
Die Pause sei "ein Sieg für die Protestierenden", aber tatsächlich sei Ben Gvir derjenige, der wirklich auf Netanjahu "herumgetrampelt" sei, schrieb die linksgerichtete Zeitung "Haaretz". "Netanjahu geht wie eine ausgespresste Orange aus dieser Geschichte hervor".
L.Dubois--BTB