Berliner Tageblatt - Autor Salman Rushdie bei Angriff im US-Bundesstaat New York schwer verletzt

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Autor Salman Rushdie bei Angriff im US-Bundesstaat New York schwer verletzt
Autor Salman Rushdie bei Angriff im US-Bundesstaat New York schwer verletzt / Foto: © AFP

Autor Salman Rushdie bei Angriff im US-Bundesstaat New York schwer verletzt

Der seit Jahren mit dem Tode bedrohte Schriftsteller Salman Rushdie ist bei einer Literaturveranstaltung im US-Bundesstaat New York attackiert und durch Stiche schwer verletzt worden. Ein Angreifer stürzte sich am Freitag in einem Kulturzentrum der Kleinstadt Chautauqua auf den britisch-indischen Autor und stach ihm in Hals und Bauch, wie die Polizei mitteilte. Rushdie wurde mit einem Hubschrauber in ein Krankenhaus geflogen und notoperiert.

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Der Angreifer wurde von Zuschauern überwältigt und von einem anwesenden Polizisten festgenommen. Nach Angaben der Polizei handelt es sich um einen 24-jährigen namens Hadi Matar aus Fairfield im nahe New York gelegenen Bundesstaat New Jersey. Das Motiv des Angreifers war zunächst unklar.

Die Behörden machten zunächst keine Angaben zum Zustand Rushdies, zu dessen Tötung 1989 Irans geistliches Oberhaupt Ayatollah Khomeini wegen angeblicher Beleidigung des Propheten Mohammed aufgerufen hatte. Über den Zustand des 75-jährigen Verfassers der "Satanischen Verse" sei "noch nichts Näheres bekannt", erklärte die Polizei.

Neben Rushdie wurde auch der 73-jährige Mann verletzt, der den Schriftsteller interviewen sollte. Er erlitt eine Gesichtsverletzung, konnte das Krankenhaus aber wieder verlassen.

Die Attacke trug sich in der Chautauqua Institution zu, die bekannt für literarische Veranstaltungen ist. Der anwesende Politikprofessor Carl LeVan sagte der Nachrichtenagentur AFP, der Angreifer sei auf die Bühne gerannt und habe "wiederholt und brutal" auf Rushdie eingestochen. "Er hat versucht, so oft wie möglich auf ihn einzustechen, bevor er überwältigt wurde."

Der Angreifer habe Rushdie offenbar töten wollen, sagte LeVan. Das Publikum habe mit "Entsetzen und Panik" reagiert.

Auf Videobildern war zu sehen, wie Menschen dem Autor nach dem Angriff zu Hilfe eilten. Ein anwesender Arzt leistete erste Hilfe.

Der britische Premierminister Boris Johnson äußerte sich im Kurzbotschaftendienst Twitter "entsetzt" über den Angriff auf Rushdie. "Wir hoffen alle, dass es ihm gut geht."

Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron verurteilte den Angriff. "Der Hass und die Barbarei haben feige zugeschlagen." Rushdie verkörpere seit 33 Jahren die Freiheit und den "Kampf gegen den Obskurantismus", erklärte Macron. "Sein Kampf ist unser Kampf."

Der 1947 im indischen Mumbai geborene Rushdie wird seit Jahren mit dem Tode bedroht. Ayatollah Khomeini hatte 1989 alle Muslime in einer Fatwa - einer religiösen Anweisung - zur Tötung des Schriftstellers aufgerufen hatte. Grund war die angebliche Beleidigung des Propheten Mohammed in Rushdies im Jahr zuvor erschienenen Roman "Die Satanischen Verse".

Seitdem lebte Rushdie in ständiger Todesgefahr an wechselnden Orten. Die Lage entspannte sich erst in den späten 1990er Jahren, nachdem die Regierung des Iran 1998 erklärt hatte, seine Ermordung nicht zu unterstützen.

Bis heute ist jedoch ein Kopfgeld auf ihn ausgesetzt. Auch der Tötungsaufruf gegen Rushdie wurde nie aufgehoben. Mehrere Übersetzer seiner Werke wurden bei Angriffen verletzt - oder sogar getötet, wie der 1991 bei einem Messerangriff ermordete Japaner Hitoshi Igarashi. Drohungen und Boykotte gegen literarische Veranstaltungen, an denen Rushdie teilnahm, gab es auch weiter.

Dass Rushdie 2007 von Königin Elisabeth II. zum Ritter geschlagen wurde, löste im Iran und in Pakistan Proteste aus. Ein pakistanischer Minister sagte, die Ehrung rechtfertige Selbstmordattentate.

Rushdie wurde als Kind nicht praktizierender Muslime in Indien geboren und sieht sich selbst als Atheisten. Er setzt sich seit Jahren nachdrücklich für Meinungsfreiheit ein. Unter anderem stellte er sich 2015 hinter die französische Satirezeitung "Charlie Hebdo", nachdem Islamisten die Redaktion gestürmt und mehrere ihrer Mitglieder getötet hatten. In "Charlie Hebdo" waren zuvor Karikaturen des Propheten Mohammed erschienen.

R.Adler--BTB