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Lindners Vorstoß zu Öl- und Gasförderung in Nordsee stößt bei Grünen auf Bedenken
Der Vorstoß von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) für eine stärkere Förderung von Öl und Gas in der Nordsee stößt beim Koalitionspartner Grüne auf Bedenken. Es gebe "zahlreiche Argumente gegen neue Bohrungen in der Nordsee", sagte Grünen-Vizefraktionschefin Julia Verlinden am Sonntag der Nachrichtenagentur AFP. "Bevor also kostspielige, zeitaufwändige und für den Naturschutz problematische Investitionen in eine Technologie von gestern getätigt werden, haben wir deutlich bessere Alternativen", sagte sie.
Der Schwerpunkt müsse auf den großen Einsparpotentialen gerade beim Öl- und Gasverbrauch im Wärmesektor liegen, sagte Verlinden. "Hier können wir durch raschere Gebäudesanierung, bessere digitale Steuerung sowie den Austausch der Heizungen - zum Beispiel durch Wärmepumpen - einen ganz erheblichen Beitrag für Energiesouveränität und bezahlbare Preise leisten." Grundsätzlich würden in der Koalition derzeit aber "alle Ideen" geprüft, "die einen Beitrag für Energiesicherheit leisten können".
Die oppositionelle Union im Bundestag unterstützte hingegen Lindners Vorschlag. Die Stärkung der "seit Jahren rückläufigen inländischen Förderung von Erdgas und Erdöl" könne die Abhängigkeit von russischen Energieimporten reduzierten, sagte der energiepolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Mark Helferich (CDU), am Sonntag der Nachrichtenagentur AFP. "Ich begrüße ausdrücklich, dass jetzt auch in der Berliner Ampelkoalition diese Erkenntnis reift."
Die Offshore-Projekte in der Nordsee dürften von der Ampel-Regierung "nicht länger politisch blockiert werden", forderte Helferich. Sie erfüllten "höchste Umweltstandards", zudem habe heimische Gas und Öl "einen geringeren CO2-Fußabdruck als vergleichbare importierte fossile Energieträger".
Mit klarer Ablehnung reagierte hingegen die Linksfraktion. "Gas- und Ölbohrungen in der Nordsee wären ein klimapolitischer Totalausfall", sagte Linken-Fraktionschefin Amira Mohamed Ali zu AFP. "Herr Lindner sollte sich besser darauf konzentrieren den Ausbau der erneuerbaren Energien zu finanzieren", betonte sie. "Das Weltnaturerbe Wattenmeer muss in jedem Fall konsequent geschützt werden." Darum müsse den angestrebten Bohrungen vor Borkum durch niederländische Firmen sofort eine Absage erteilt werden.
Das von den Grünen geführte Bundesumweltministerium riet in Reaktion auf Lindners Vorstoß zu Augenmaß. Öl- und Gasförderung in der Nordsee seien zwar erlaubt und fänden bereits statt, erklärte ein Ministeriumssprecher auf AFP-Anfrage. Er sagte aber auch: "Wir dürfen nicht blind die Förderung von Öl und Gas vorantreiben und dabei gleichzeitig unsere Lebensgrundlagen zerstören."
Prinzipiell halte das Ministerium eine Ausweitung der Förderung in der Nordsee "vor dem Hintergrund der aktuellen Schwierigkeiten in der Energieversorgung für eine nachvollziehbare Überlegung", sagte der Sprecher. "Doch hier ist Augenmaß gefragt. Die Öl- und Gasförderung in der Nordsee unterliegt strengen Auflagen für den Naturschutz."
Lindner hatte zuvor im "Tagesspiegel" eine Überprüfung des Koalitionsvertrages vorgeschlagen, um die Abhängigkeit von russischen Energieimporten zu reduzieren. Der Vertrag sieht bisher ein Verbot für neue Öl- und Gasbohrungen in Nord- und Ostsee vor. "Wir müssen die Festlegung des Koalitionsvertrages, in der Nordsee den Abbau von Öl und Gas nicht fortsetzen zu wollen, hinterfragen", sagte der FDP-Chef. "Aufgrund der Entwicklung der Weltmarktpreise scheint dies wirtschaftlicher zu werden."
N.Fournier--BTB