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Merz erwartet von Kiew Aufklärung in Korruptionsaffäre - Telefonat mit Selenskyj
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) erwartet von der Ukraine eine transparente Aufklärung der Korruptionsvorwürfe im ukrainischen Energiesektor. In einem Telefonat mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj habe Merz am Donnerstag die Erwartung unterstrichen, "dass die Ukraine die Korruptionsbekämpfung und weitere Reformen insbesondere im Bereich der Rechtsstaatlichkeit energisch vorantreiben werde", erklärte Regierungssprecher Stefan Kornelius in Berlin.
Selenskyj habe den Kanzler in dem Gespräch über die Korruptionsermittlungen gegen inzwischen zurückgetretene Mitglieder seiner Regierung informiert, erklärte Kornelius weiter. Der Präsident habe dabei "vollständige Transparenz, langfristige Unterstützung der unabhängigen Anti-Korruptionsbehörden sowie weitere rasche Maßnahmen zugesagt, um das Vertrauen der ukrainischen Bevölkerung, der europäischen Partner und der internationalen Geber zurückzugewinnen".
Der Präsident habe dem Bundeskanzler zudem für die deutsche Unterstützung insbesondere bei Luftverteidigung und Schutz der ukrainischen Energie-Infrastruktur gedankt. Merz und Selenskyj stimmten demnach überein, die Bemühungen um einen Waffenstillstand und dauerhaften Frieden in enger Abstimmung mit europäischen und transatlantischen Partnern fortzusetzen. Deutschland werde gemeinsam mit den westlichen Partnern den Druck auf Moskau erhöhen, um Russland zu ernsthaften Verhandlungen zu bewegen.
Das Nationale Antikorruptionsbüro der Ukraine (Nabu) hatte am Montag Razzien im Energiesektor ausgeführt. Dem waren 15-monatige Ermittlungen vorausgegangen. Die Ermittler beschuldigen insbesondere den Selenskyj-Vertrauten Timur Minditsch, ein weitverzweigtes Korruptionssystem im Energiesektor organisiert zu haben. Dabei seien "etwa 100 Millionen Dollar" (86 Millionen Euro) geflossen.
Die Korruptionsaffäre erschüttert die Regierung in Kiew inmitten des Kriegs gegen Russland, das insbesondere die Energie-Infrastruktur der Ukraine angreift. Am Mittwoch reichten Energieministerin Switlana Grintschuk und ihr Vorgänger, Justizminister Herman Haluschtschenko, ihren Rücktritt ein. Die Antikorruptions-Staatsanwaltschaft (Sapo) warf Haluschtschenko vor, "persönliche Vorteile" durch Minditsch erhalten zu haben - im Gegenzug für die Kontrolle über die Geldflüsse im Energiesektor. Er wies die Vorwürfe zurück.
Selenskyj verhängte inzwischen Sanktionen gegen seinen Vertrauten Minditsch. Unter anderem sollen die Vermögen des 46-Jährigen sowie eines weiteren Geschäftsmannes eingefroren werden, wie es in einem am Donnerstag veröffentlichten präsidialen Dekret heißt. Minditsch hatte kurz vor Veröffentlichung der Vorwürfe die Ukraine verlassen.
Minditsch ist Miteigentümer der Produktionsfirma Kwartal 95. Die Firma war von Selenskyj gegründet worden, der früher als Komiker und Schauspieler auftrat, bevor er für das Präsidentenamt kandidierte.
J.Bergmann--BTB