Berliner Tageblatt - Kabinett ergänzt Musterklage - Entschädigungen werden künftig direkt ausgezahlt

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Kabinett ergänzt Musterklage - Entschädigungen werden künftig direkt ausgezahlt
Kabinett ergänzt Musterklage - Entschädigungen werden künftig direkt ausgezahlt / Foto: © AFP

Kabinett ergänzt Musterklage - Entschädigungen werden künftig direkt ausgezahlt

Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland können nach Plänen der Bundesregierung künftig einfacher und schneller ihre Rechte gegenüber Unternehmen geltend machen und entschädigt werden. Das Kabinett verabschiedete am Mittwoch in Berlin einen entsprechenden Gesetzentwurf für Verbandsklagen, der auf der bestehenden Musterfeststellungsklage aufbaut. Zentraler Unterschied ist, dass geschädigte Verbraucher direkt nach einer erfolgreichen Klage entschädigt werden können.

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"Das ist eine gute Nachricht für Verbraucherinnen und Verbraucher, denn sie kommen künftig noch schneller zu ihrem Recht", erklärte Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP). Die Musterfeststellungsklage habe sich "bewährt" und werde daher nun "beibehalten und weiterentwickelt".

Die Musterklage gibt es seit November 2018, sie geht auf den VW-Dieselskandal zurück. Verbraucher können damit gemeinsam gegen Unternehmen klagen, etwaige Entschädigungen müssen sie allerdings anschließend individuell einklagen. Eine EU-Richtlinie für Verbraucherklagen, die ebenfalls auf den Dieselskandal zurückgeht, macht weitergehende Vorgaben. Die Bundesregierung muss die Gesetzgebung in Deutschland deshalb bis Juni anpassen.

"Wir wollen, dass bei einer Klage möglichst alle Geschädigten mit möglichst wenig Aufwand zu ihrem Recht kommen", sagte die SPD-Abgeordnete Sonja Eichwede der Nachrichtenagentur AFP. "Das ist nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit, sondern auch notwendig, um die Justiz effektiv von Massenverfahren zu entlasten."

"Auch die Unternehmen erhalten mit dem Entwurf die nötige Rechtssicherheit", betonte Buschmann. Damit sie sich auf die Höhe eventueller Entschädigungssummen einstellen können, seien "angemessene zeitliche Grenzen" vorgesehen, innerhalb derer Verbraucher ihre Ansprüche geltend machen müssen.

In diesem Punkt hatte es viel Kritik an einem ersten Entwurf des Justizministers gegeben. Er sah vor, dass sich Betroffene bis spätestens zu Beginn eines Verfahrens in ein Register eintragen müssen, um sich an der Klage zu beteiligen. Verbraucherschützer kritisierten diese Frist als "viel zu kurz", Verbraucherministerin Steffi Lemke (Grüne) schloss sich dem an.

Der nun verabschiedete Entwurf setzt die Frist "bis zum Ablauf von zwei Monaten nach dem ersten Termin" des Verfahrens. Lemke begrüßte diese Verlängerung des Zeitrahmens, denn möglichst viele Verbraucherinnen und Verbraucher sollten "ihre Rechte unkomplizierter geltend machen können".

Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft bezeichnete den Zeitpunkt, bis zu dem Verbraucherinnen und Verbraucher der Klage beitreten können, ebenfalls als "zentral": Die Unternehmen sollten möglichst früh wissen, wie viele Verbraucher tatsächlich klagen. Vor diesem Hintergrund sei die jetzt gefundene Lösung "ein Kompromiss", erklärte GDV-Geschäftsführer Jörg Asmussen.

"Gut ist auch, dass die Anforderungen an klagebefugte Verbände abgesenkt wurden, so dass mehr Verbände die Möglichkeit bekommen, Verbraucherrechte einzuklagen", erklärte Ministerin Lemke weiter. Insgesamt sei das Gesetz nun ein "Meilenstein für die Stärkung der Verbraucherrechte".

Scharfe Kritik insbesondere an den von Lemke genannten Punkten kam vom Verband der Chemischen Industrie. Durch die weniger strengen Voraussetzungen für die Klagebefugnis sowie den längeren Zeitrahmen für Verbraucher, um sich anzuschließen, drohten "missbräuchliche Klagen zulasten der Unternehmen", kritisiert Verbandschef Berthold Welling.

L.Janezki--BTB