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Heftige Kämpfe im Gazastreifen treiben Flüchtlinge immer mehr in die Enge
Die heftigen Kämpfe zwischen der israelischen Armee und der radikalislamischen Hamas treiben die Flüchtlinge im Süden des Gazastreifens immer mehr in die Enge: Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) warnte am Sonntag vor einem völligen Zusammenbruch des Gesundheitssystems, die Hilfsorganisation Oxfam nannte die Lage "apokalyptisch". Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) forderten von Israel einen besseren Schutz und mehr Hilfe für die Zivilbevölkerung im Gazastreifen.
Nach Angaben von Generalstabschef Herzi Halevi hat die israelische Armee ihre Offensive im Süden des Gazastreifens "intensiviert". Aus dem Umfeld der Hamas und des Islamischen Dschihad verlautete am Sonntag, Kämpfer beider Gruppen lieferten sich rund um die Stadt Chan Junis im südlichen Gazastreifen "heftige Kämpfe" mit der israelischen Armee. Die Hamas meldete auch "sehr heftige Luftangriffe".
Durch die Kämpfe wurden etwa 1,9 Millionen Menschen im Gazastreifen - etwa 85 Prozent der Bevölkerung - vertrieben. Die meisten von ihnen sind inzwischen Richtung Süden geflohen. Die Region Rafah an der Grenze zu Ägypten ist zu einem riesigen Flüchtlingslager geworden. Die Überfüllung und die schlechten sanitären Bedingungen in den Unterkünften des UN-Hilfswerks für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA) tragen bereits zur Ausbreitung von Krankheiten bei. UNRWA-Chef Philippe Lazzarini warf Israel am Wochenende vor, Palästinenser massenhaft nach Ägypten vertreiben zu wollen.
WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus sagte am Sonntag, es gebe besorgniserregende Anzeichen für epidemische Krankheiten im Gazastreifen. Zugleich stehe das Gesundheitssystem im Gazastreifen kurz vor dem endgültigen Zusammenbruch, warnte Tedros bei einer Krisensitzung des WHO-Exekurivrats in Genf. Von 36 Krankenhäusern seien nur noch 14 teilweise funktionsfähig, davon nur zwei im Norden.
Baerbock rief am Sonntag zu mehr Hilfslieferungen in den Gazastreifen aus. Im Norden des Palästinensergebiets komme derzeit fast gar keine Hilfe mehr an, sagte Baerbock bei einem Besuch in einem Warenlager für Hilfsgüter des UN-Welternährungsprogramms (WFP) in Dubai. "Wir brauchen dafür humanitäre Pausen", fuhr die Außenministerin fort. Zugleich müsse Israel die Zivilisten in dem Palästinensergebiet besser schützen. "Es reicht nicht aus, allein theoretisch zu sagen, dass sie sich in Schutz begeben sollen, wenn de facto keinen Schutz vor Ort möglich ist". Dies sei auch im israelischen Sicherheitsinteresse.
Am Freitag war eine Resolution im UN-Sicherheitsrat für eine humanitäre Feuerpause im Gazastreifen am Veto der USA gescheitert. Eine sofortige Waffenruhe im Gazastreifen sei "realitätsfremd" und "hätte vor Ort nichts verändert", sagte der stellvertretende UN-Botschafter der USA, Robert Wood.
UN-Generalsekretär António Guterres hatte die Sitzung in einem seltenen Schritt selbst einberufen und vor der Abstimmung eindringlich für eine Waffenruhe im Gazastreifen geworben. Am Sonntag beklagte Guterres, der UN-Sicherheitsrat sei "gelähmt" und nicht in der Lage, Lösungen für ein Ende des Gaza-Kriegs zu finden.
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu begrüßte dagegen die Haltung der USA und kündigte an, den "gerechten Krieg" fortsetzen, "um die Hamas zu vernichten". Scholz forderte nach Angaben seines Sprechers am Samstag in einem Telefonat mit Netanjahu, dass mehr humanitäre Hilfe die Menschen im Gazastreifen erreichen müsse. Thema waren demnach auch die diplomatischen Anstrengungen, um eine regionale Ausweitung des Konflikts zu vermeiden.
Katar kündigte am Sonntag an, seine Bemühungen um eine neue Feuerpause im Gaza-Krieg fortzusetzen. "Wir werden nicht aufgeben", sagte Katars Regierungschef Scheich Mohammed bin Abdulrahman al-Thani in Doha. Katar war ein wichtiger Vermittler einer einwöchigen Waffenruhe, die bis zum 1. Dezember die Freilassung israelischer Geiseln und palästinensischer Häftlinge sowie humanitäre Hilfslieferungen ermöglicht hatte.
Der Krieg zwischen Israel und der Hamas war am 7. Oktober durch den Großangriff der Hamas auf Israel ausgelöst worden. Israelischen Angaben zufolge wurden dabei etwa 1200 Menschen getötet und rund 240 Menschen als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt.
Bei einer Kundgebung in Tel Aviv forderten am Samstag hunderte Menschen die Freilassung der 137 Geiseln, die nach israelischen Angaben weiterhin in der Gewalt der Hamas sind. "Bringt sie jetzt nach Hause", forderten die Demonstranten.
Nach dem Hamas-Überfall begann Israel mit massiven Angriffen auf Ziele im Gazastreifen. Nach Angaben der Hamas, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, wurden dort seitdem mindestens 17.700 Menschen getötet, die meisten Frauen und Kinder.
Unter den Toten sind nach Angaben der Bundesregierung offenbar auch deutsche Staatsbürger. "Wir müssen zum jetzigen Zeitpunkt leider davon ausgehen, dass unter den Opfern der Kämpfe in Gaza auch eine deutsche Familie ist", erklärte das Auswärtige Amt. Laut "Süddeutscher Zeitung" wurde die Familie am 25. Oktober bei einem israelischen Bombenangriff getötet.
F.Pavlenko--BTB