Berliner Tageblatt - Israel: 20 Hamas-Kämpfer in Al-Schifa-Krankenhaus getötet und 200 festgenommen

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Israel: 20 Hamas-Kämpfer in Al-Schifa-Krankenhaus getötet und 200 festgenommen
Israel: 20 Hamas-Kämpfer in Al-Schifa-Krankenhaus getötet und 200 festgenommen / Foto: © AFP

Israel: 20 Hamas-Kämpfer in Al-Schifa-Krankenhaus getötet und 200 festgenommen

Bei einem gegen ranghohe Hamas-Mitglieder gerichteten Militäreinsatz auf dem Gelände des Al-Schifa-Krankenhauses in Gaza hat die israelische Armee am Montag nach eigenen Angaben 20 militante Palästinenser getötet und mehr als 200 weitere festgenommen. Die Bevölkerung wurde zum Verlassen des Gebiets rund um das Krankenhaus aufgefordert. Unterdessen gab das Weiße Haus bekannt, dass die Nummer drei der islamistischen Hamas vergangene Woche bei einem israelischen Militäreinsatz getötet worden sei.

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"Wir haben mehr als 20 Terroristen innerhalb des Krankenhauskomplexes eliminiert" und weitere 20 "in der Umgebung des Hospitals", sagte der israelische Armeesprecher Daniel Hagari im Fernsehen. "Mehr als 200 mutmaßliche Terroristen" seien während des Einsatzes festgenommen worden und würden nun verhört. Die israelischen Soldaten würden den Einsatz in dem Krankenhauskomplex in der Nacht fortsetzen. "Wir müssen andere Gebäude durchsuchen."

Unter den Getöteten war Faik al-Mabhuh, der laut Hagari "Chef für Spezialeinsätze innerhalb der Hamas-Organisation für innere Sicherheit" war. Die Armee veröffentlichte ein Video, das im Al-Schifa-Krankenhaus sichergestellte Waffen und Geld zeigen soll. Beides sei von der Hamas und der militanten Palästinensergruppe Islamischer Dschihad genutzt worden.

Hagari sagte, der Komplex beherberge Hamas-Mitglieder, unter ihnen Kommandeure, die daraus "ein Kommandozentrum gemacht haben, von dem aus sie Terroroperationen abwickelten und Kämpfe organisierten".

Augenzeugen berichteten der Nachrichtenagentur AFP von Luftangriffen, Schusswechseln und rund 45 Panzern und gepanzerten Fahrzeugen in dem Viertel.

Ein AFP-Journalist beobachtete Luftangriffe auf Gebäude in der Umgebung des größten Krankenhauses des Gazastreifens. "Hunderte Menschen, vor allem Kinder, Frauen und Ältere, flüchten aus ihren Häusern", berichtete er. Nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums hielten sich "zehntausende" Menschen in dem Krankenhauskomplex auf.

Die israelische Armee hatte bereits Mitte November einen Großeinsatz im Al-Schifa-Krankenhaus ausgeführt. Im Januar erklärte Israel, die Kommandostruktur der Hamas in dem Gebiet sei zerstört. Israel hatte der Hamas vorgeworfen, in dem Krankenhauskomplex eine Kommandozentrale zu betreiben und Zivilisten als menschliche Schutzschilde zu missbrauchen. Die Hamas wies dies zurück.

Die israelische Armee geht im Gazastreifen seit Beginn des Kriegs gegen die islamistische Palästinenserorganisation Hamas Anfang Oktober immer wieder auch in Krankenhäusern vor.

Der Krieg war durch einen brutalen Großangriff der Hamas auf israelisches Gebiet am 7. Oktober ausgelöst worden. Dabei wurden nach israelischen Angaben etwa 1160 Menschen getötet sowie rund 250 weitere als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Israel geht seither massiv militärisch im Gazastreifen vor und startete am 27. Oktober eine Bodenoffensive.

Bei den israelischen Angriffen wurden nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, bisher mehr als 31.700 Menschen getötet.

Nach mehr als fünf Monaten Krieg befindet sich nach UN-Angaben jeder zweite Bewohner im Gazastreifen in einer "katastrophalen Ernährungssituation". Wenn keine Maßnahmen ergriffen würden, stehe eine Hungersnot in den nördlichen Bezirken "unmittelbar bevor" und könnte "jederzeit zwischen Mitte März und Mai 2024 eintreten", hieß es in der am Montag veröffentlichten IPC-Skala zum Hungermonitoring der UNO.

Eine Hungersnot könnte demnach noch abgewendet werden, wenn Hilfsorganisationen uneingeschränkten Zugang erhielten. UN-Generalsekretär António Guterres forderte deshalb eine "sofortige humanitäre Waffenruhe".

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell bezeichnete indes den Gazastreifen als "Friedhof": "Vor dem Krieg war der Gazastreifen das größte Gefängnis unter freiem Himmel, heute ist er der größte Friedhof unter freiem Himmel", erklärte Borrell in Brüssel.

Israels Außenminister Israel Katz rief Borrell daraufhin auf, "Israel nicht weiter anzugreifen". Israel lasse zudem "umfangreiche humanitäre Hilfe für Hilfswillige auf dem Land-, Luft- und Seeweg nach Gaza zu", betonte Katz im Onlinedienst X.

Bei den Verhandlungen über eine Feuerpause im Gazastreifen und die Freilassung von Geiseln sollte es am Montag nach Angaben aus Teilnehmerkreisen ein Treffen zwischen Mossad-Chef David Barnea und Katars Regierungschef Abdelrahman al-Thani sowie hochrangigen Vertretern Ägyptens geben.

Die Verhandlungen zwischen Israel und der Hamas über eine Feuerpause und Geiselfreilassungen laufen seit Wochen und werden vor allem von Katar und Ägypten sowie den USA vermittelt. Auf dem Tisch liegt derzeit offenbar ein Vorschlag für eine sechswöchige Feuerpause und zu einem Austausch israelischer Geiseln gegen palästinensische Häftlinge.

Nach einem Telefonat von US-Präsident Joe Biden und Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu am Montag teilte der Nationale Sicherheitsberater im Weißen Haus, Jake Sullivan, mit, dass mit Marwan Issa vergangene Woche die Nummer drei in der Führung der militanten Palästinenserorganisation getötet worden sei.

O.Krause--BTB