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IAEA-Chef: Der Iran könnte schon in einigen Monaten wieder Uran anreichern
Nach den Angriffen Israels und der USA auf den Iran könnte die Islamische Republik nach Einschätzung der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) bereits in einigen Monaten wieder mit der Urananreicherung beginnen. Das iranische Atomprogramm sei nicht völlig zerstört worden, sagte IAEA-Chef Rafael Grossi dem US-Sender CBS laut einem am Samstag veröffentlichten Interview-Transkript. Indes warf Teheran Israel vor, bei dem Angriff auf das Evin-Gefängnis mindestens 71 Menschen getötet zu haben.
Die Iraner könnten "binnen Monaten" oder sogar "weniger" wieder mit einigen Kaskaden von Zentrifugen Uran anreichern, sagte Grossi in dem CBS-Interview. Abgesehen davon sei unbekannt, was nach den Bombardements aus den schätzungsweise gut 408 Kilogramm Uran geworden sei, die der Iran bereits auf einen hohen Grad von 60 Prozent angereichert hatte. Ein Teil davon sei womöglich bei den Angriffen zerstört worden, "aber etwas davon könnte fortgebracht worden sein", sagte Gross. Weiter angereichert auf 90 Prozent, würde dieses Uran für mindestens neun Atombomben reichen.
Grossi widersprach mit seinen Äußerungen der Darstellung von US-Präsident Donald Trump, die Angriffe hätten das iranische Atomprogramm um "Jahrzehnte" zurückgeworfen. Trump sagte am Wochenende zudem, dass er nicht davon ausgehe, dass der Iran seine Uranvorräte vor den Angriffen auf die Atomanlagen fortgebracht habe. "Das ist sehr schwierig, außerdem haben wir kaum Vorwarnung gegeben", sagte der US-Präsident laut vorab veröffentlichten Auszügen in einem Interview für die Fox-News-Sendung "Sunday Morning Futures". Indes sprach sich sein Außenminister Marco Rubio am Samstag für einen Besuch von IAEA-Inspektoren im Iran aus.
Grossi hatte nach den Angriffen Zugang zu den beschädigten Anlagen gefordert, um die Bestände an angereichertem Uran überprüfen zu können. Die Regierung in Teheran lehnt dies bisher ab. Das iranische Parlament stimmte zudem für die Aussetzung der Zusammenarbeit mit der IAEA.
Nach Angaben der argentinischen Regierung wird der aus dem südamerikanischen Land stammende IAEA-Chef zudem vom Iran bedroht. Das argentinische Außenministerium rief die iranischen Behörden am Samstag dazu auf, die Sicherheit von Grossi und dessen Mitarbeitern zu garantieren und "von jedweder Handlung Abstand zu nehmen", die das IAEA-Team gefährden könnte. Zur Art der angeblichen Drohungen äußerte sich das Ministerium nicht.
Irans Außenminister Abbas Araghtschi hatte Grossi am Freitag vorgeworfen, die Forderung, die bombardierten Anlagen für eine Sicherheitsinspektion besuchen zu wollen, sei nur ein Vorwand. Die Absichten des IAEA-Chefs seien "möglicherweise sogar boshaft", erklärte Araghtschi auf X.
Teheran kritisierte die IAEA dafür, die israelischen und US-Angriffe auf die iranischen Atomanlagen nicht verurteilt zu haben. Die iranische Regierung wirft der IAEA zudem vor, Israel mit einer Resolution einen "Vorwand" für seine Angriffe auf den Iran geliefert zu haben. Der Gouverneursrat der IAEA hatte am 12. Juni eine unter anderem von Deutschland eingebrachte Resolution verabschiedet, die den Iran wegen der "Nichteinhaltung" seiner Verpflichtungen in Bezug auf die Begrenzung der Urananreicherung kritisiert.
Am Wochenende forderte Frankreich den Iran dazu auf, mit dem Ende der Angriffe an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Sollte Teheran nicht bereit sein, ernsthafte Verhandlungen über sein Atomprogramm zu führen, würden umfangreiche Sanktionen folgen, sagte Frankreichs Außenminister Jean-Noël Barrot am Samstag dem Nachrichtensender LCI. So könnte etwa "das weltweite Embargo für Waffen, Atomausrüstung sowie Banken und Versicherungen" wieder in Kraft gesetzt werden. Westliche Staaten werfen dem Iran seit Jahren vor, nach Atomwaffen zu streben, was Teheran bestreitet
Auch Israel hatte seinen am 13. Juni begonnenen Großangriff auf den Iran mit dem fortgeschrittenen Atom- und Raketenprogramm Teherans begründet. Der Iran überzog Israel daraufhin mit massiven Angriffswellen. Die USA griffen schließlich vor einer Woche in den Krieg zwischen Israel und dem Iran ein und bombardierten die iranischen Atomanlagen Fordo, Natans und Isfahan. Am Dienstag trat nach zwölf Tagen Krieg eine Waffenruhe zwischen Israel und dem Iran in Kraft.
Die Regierung in Teheran warf Israel indes vor, bei einem Angriff auf das berüchtigte iranische Evin-Gefängnis am vergangenen Montag mindestens 71 Menschen getötet zu haben. Unter den Opfern seien neben Insassen auch Verwaltungsangestellte, Gefängniswärter und Besucher sowie Anwohner, sagte Justizsprecher Asghar Jahangir am Sonntag. Im Evin-Gefängnis saßen laut Menschenrechtsorganisationen zahlreiche politische Gefangene ein. Die Insassen waren laut iranischen Angaben verlegt worden.
Der Iran ehrte am Wochenende zudem rund 60 bei den israelischen Angriffen getötete Militärvertreter und Atomwissenschaftler. In Teheran versammelten sich am Samstag tausende in Schwarz gekleidete Trauernde, die iranische Fahnen schwenkten und Fotos der Getöteten hielten, wie Bilder des Staatsfernsehens zeigten. Geehrt wurden unter anderem Armeechef Mohammed Bagheri, Revolutionsgarden-Chef Hussein Salami und der Atomwissenschaftler Mohammed Mehdi Tehrantschi.
N.Fournier--BTB