Berliner Tageblatt - Klimaschutzgesetz: Union und Umweltorganisationen kritisieren Änderungen scharf

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Klimaschutzgesetz: Union und Umweltorganisationen kritisieren Änderungen scharf
Klimaschutzgesetz: Union und Umweltorganisationen kritisieren Änderungen scharf / Foto: © AFP/Archiv

Klimaschutzgesetz: Union und Umweltorganisationen kritisieren Änderungen scharf

Die Union hat die geplante Änderung des Klimaschutzgesetzes im Bundestag scharf kritisiert. "Mit ihrer Gesetzesänderung entkernen sie das Klimaschutzgesetz", sagte der CDU-Abgeordnete Thomas Gebhardt am Freitag an die Bundesregierung gerichtet. "Sie machen es unverbindlicher, sie weichen es auf." Ähnliche Vorwürfe erhoben auch Umweltverbände. SPD und Grüne verteidigten die Reform - übten aber auch Selbstkritik. Die FDP begrüßte die Reform hingegen als "großen Meilenstein".

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In zwei Bereichen, dem Verkehrs- und dem Gebäudesektor, würden aktuell mehr Emissionen ausgestoßen, als gesetzlich zulässig, betonte der Christdemokrat Gebhardt. Statt in diesen Sektoren nachzusteuern und "sich an bestehendes Recht zu halten, ändern sie einfach das Gesetz", warf er der Ampelkoalition vor. Diese gehe damit "einen Schritt zurück".

Die Regierung wolle "einen wirkungsvollen Kontrollmechanismus des Gesetzes aufweichen", ergänzte die umweltpolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Anja Weisgerber (CSU).

Die Linke nannte die geplante Reform ebenfalls eine Aufweichung. Die Koalition wolle damit Verstöße gegen die Sektorenziele legalisieren, sagte der umweltpolitische Sprecher der Linkenfraktion, Ralph Lenkert. Dies sei "ein Skandal". Seine Partei fordere stattdessen: "Hände weg vom Klimaschutzgesetz."

Die Reform des Gesetzes sieht eine Abschaffung der bisher verpflichtenden jährlichen Ziele bei der Emissionsverringerung für einzelne Wirtschaftsbereiche wie Verkehr oder Gebäude vor. Stattdessen sollen Prognosen für das Erreichen der Klimaziele insgesamt in den Vordergrund rücken. Zielverfehlungen in einem Bereich können künftig mit Fortschritten in anderen Sektoren verrechnet werden. Dies vermindert den Einspardruck.

Am stärksten verteidigte die FDP die Gesetzesänderung im Bundestag - sie hatte die Reform im Koalitionsausschuss gegen Bedenken der SPD und der Grünen durchgesetzt.

Der klimapolitische Sprecher der Liberalen, Olaf in der Beek, sprach von einem "großen Meilenstein". Die starren Sektorenziele hätten den Klimaschutz nicht beflügelt, sondern ausgebremst. Sie hätten dazu verleitet, auf kurzfristige Minderungsmaßnahmen zu setzen, statt auf effizientere Projekte. Künftig stehe im Fokus, ob über alle Sektoren hinweg genügend Treibhausgase eingespart werden. Klimaschutz werde damit zukünftig "flexibler, effizienter und zu einer echten Querschnittsaufgabe der Bundesregierung", betonte in der Beek.

Flexibilität in den Sektoren gebe es schon jetzt, ergänzte der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Matthias Miersch. "Wir weiten sie aus." Miersch kritisierte es jedoch als "nicht haltbaren Zustand", dass es keinen Automatismus gebe, der die Einhaltung der Sektorenziele garantiere. Darüber müssten die Parlamentarier noch beraten.

Selbstkritisch zeigten sich auch die Grünen: Die Abgeordnete Lisa Badum nannte es "gravierend", dass der bisherige Mechanismus der Zielverfehlung in der Sektoren verändert werden solle. Die Sorgen der Verbände müssten hier "sehr, sehr ernst" genommen und in den weiteren Beratungen aufgegriffen werden.

Verbände und Klimaorganisationen kritisierten die geplanten Änderungen scharf. "Das Klimaschutzgesetz ist das Herz für den Klimaschutz in Deutschland, doch nun droht der Infarkt", erklärte die Klimachefin des WWF Deutschland, Viviane Raddatz. "Mit der vorgeschlagenen Novelle soll Verantwortung diffundiert und eine angemessene Reaktionszeit ausgesetzt werden."

Die Klima-Allianz, ein Bündnis aus rund 150 Organisationen, wertete die geplante Streichung der Sektorziele als "Abschwächung des zentralen und wegweisenden klimapolitischen Rahmengesetzes in Deutschland". Die Klimaschützer fordern stattdessen den Bundestag auf, das Gesetz so nachzuschärfen, dass künftige Regierungen die Klimaziele tatsächlich einhalten. In Zukunft müssten handfeste Mechanismen greifen, die eine Emissionsminderung auf den Weg bringen.

Greenpeace-Aktivisten protestierten anlässlich der Bundestagsdebatte am Morgen in Kajaks auf dem Berliner Spreekanal gegen die Pläne der Regierung. Mit nach eigenen Angaben "ökologisch unbedenklicher Kreideleimfarbe" pinselten sie dazu den im Wasser versinkenden Schriftzug "Klimaschutzgesetz" an die Kanalmauer direkt unterhalb des Reichstagsgebäudes. "Die ökologische Modernisierung des Landes hängt schon jetzt weit zurück, aber mit diesem Gesetz würde die Ampel dringend nötigen Klimaschutz noch weiter hinauszögern", erklärte Greenpeace-Sprecher Thilo Maack dazu.

N.Fournier--BTB