Berliner Tageblatt - Präsident Herzog fordert "sofortigen Stopp" der umstrittenen Justizreform in Israel

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Präsident Herzog fordert "sofortigen Stopp" der umstrittenen Justizreform in Israel
Präsident Herzog fordert "sofortigen Stopp" der umstrittenen Justizreform in Israel / Foto: © AFP

Präsident Herzog fordert "sofortigen Stopp" der umstrittenen Justizreform in Israel

Nach der Entlassung von Verteidigungsminister Joav Galant in Israel hat der israelische Präsident Isaac Herzog den sofortigen "Stopp" der umstrittenen Regierungspläne zum Umbau des Justizwesens gefordert. In der Nacht zum Montag protestierten tausende Menschen landesweit gegen die Entscheidung von Regierungschef Benjamin Netanjahu. Die Regierung in Washington reagierte "zutiefst besorgt" auf die Lage in Israel und forderte Kompromisse.

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Der israelische Präsident Isaac Herzog stellte sich am Montag auf Galants Seite. Im Kurzbotschaftendienst Twitter forderte er die Regierung nach den nächtlichen Protesten im ganzen Land auf, "den Gesetzgebungsprozess sofort zu stoppen".

Herzog reagierte damit wie zuvor die Demonstranten auf die Entlassung Galants, der vom umstrittenen Vorhaben der ultrarechten Regierungskoalition zum Umbau der Justiz abgerückt war und eine Unterbrechung des Gesetzgebungsverfahrens gefordert hatte. Der Minister, ein Parteifreund von Regierungschef Benjamin Netanjahu, warnte, eine fortdauernde Spaltung der Bevölkerung in dieser Frage könne zu einer "wirklichen Bedrohung für die Sicherheit Israels" werden. Daraufhin war Galant am Sonntagabend entlassen worden.

Die Teilnehmer der Kundgebung in Tel Aviv blockierten unter anderem eine der Hauptverkehrsadern der Stadt, wie eine AFP-Reporterin berichtete.

Bei den Protesten wurde ein Sofa in Brand gesteckt, an verschiedenen Orten brannte Holz. Nach Angaben der Polizei wurden auch Reifen angezündet. Die Demonstrierenden schwenkten die israelische Flagge und forderten den Rücktritt Netanjahus, indem sie "Bibi hau ab!" skandierten.

Der israelische Generalkonsul in New York, Asaf Zamir, legte aus Protest gegen die Entlassung Galants sein Amt nieder. Dies sei "eine gefährliche Entscheidung" gewesen, erklärte Zamir im Kurzbotschaftendienst Twitter. Der Vorgang habe ihn zu der Einsicht gebracht, dass er "diese Regierung nicht länger repräsentieren kann".

Auch in anderen Städten Israels gab es in der Nacht Proteste. Demonstrierende versammelten sich vor der Residenz Netanjahus in Jerusalem sowie in der nördlichen Stadt Haifa und in Beer Scheva im Süden des Landes.

Die Pläne der ultrarechten Regierungskoalition zum Umbau der Justiz in Israel sorgen seit Wochen für Massenproteste. Sie zielen darauf ab, die Befugnisse der Justiz und des Obersten Gerichts einzuschränken und die Stellung des Parlaments und des Ministerpräsidenten zu stärken.

Netanjahu, gegen den ein Prozess wegen Korruption anhängig ist, stellt die Reform als notwendig dar, um das Gleichgewicht in der Gewaltenteilung wiederherzustellen. Kritiker befürchten hingegen eine Aufhebung der Gewaltenteilung un eine Aushöhlung der Demokratie in Israel.

Auch die wichtigsten Verbündeten Israels, darunter die USA, haben die Reformpläne kritisiert. Auf die jüngsten Entwicklungen reagierte die Regierung in Washington mit Sorge. Die Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrates, Adrienne Watson, erklärte, die USA seien "zutiefst besorgt" über die Lage in Israel.

Die jüngsten Vorgänge zeigten einmal mehr, dass es in Israel nun "zwingend notwendig" sei, Kompromisse zu schließen. Die gemeinsamen demokratischen Werte seien immer ein wesentliches Merkmal der Beziehungen zwischen den USA und Israel gewesen. Dies müsse auch künftig so bleiben, erklärte Watson.

Demokratische Gesellschaften würden durch "Kontrollen und Gegengewichte" gestärkt, "grundlegende Änderungen an einem demokratischen System sollten mit einer möglichst breiten Unterstützung durch die Bevölkerung angestrebt werden", erklärte Watson weiter.

Oppositionschef Jair Lapid bezeichnete Netanjahu nach der Entlassung Galants als "eine Gefahr für die Sicherheit des Landes". Der Regierungschef könne zwar den Verteidigungsminister feuern, "aber er kann nicht die Realität feuern und er kann nicht das israelische Volk feuern, das sich gegen dem Irrsinn der Koalition entgegenstellt", schrieb Lapid im Onlinedienst Twitter.

P.Anderson--BTB