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Koalitionspartner zufrieden nach Einigung auf Kindergrundsicherung
Die Kindergrundsicherung ist nach langem Streit unter Dach und Fach: Familienministerin Lisa Paus (Grüne), Finanzminister Christian Lindner (FDP) und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zeigten sich am Montag zufrieden mit dem erzielten Kompromiss. Bis zu 5,6 Millionen armutsbedrohte Familien und ihre Kinder sollen ab 2025 ihnen zustehende Leistungen schneller und leichter bekommen. Für das erste Jahr werden dafür 2,4 Milliarden Euro veranschlagt, in den Folgejahren könnte die Summe bei stärkerer Inanspruchnahme steigen.
"Das Ergebnis unserer Verhandlungen ist die umfassendste sozialpolitische Reform seit vielen Jahren", sagte Paus. Die Grünen-Politikerin räumte ein, dass sie "einen noch größeren Schritt im Kampf gegen Kinderarmut für nötig" erachte. Dies sei aus finanziellen Gründen derzeit aber nicht möglich gewesen, sagte sie mit Blick auf den Bundeshaushalt und die schwierige wirtschaftliche Gesamtlage.
Die Kindergrundsicherung soll ab 2025 verschiedene staatliche Finanzhilfen für Kinder und Jugendliche zu bündeln und so leichter zugänglich machen. Anlaufstelle für alle Kinderleistungen soll künftig der "Familienservice bei der Bundesagentur für Arbeit" sein, heißt es im Eckpunktepapier.
Lindner hob hervor, dass die Koalition "keine generellen Leistungserhöhung verabredet" habe. "Denn der Grund für Kinderarmut ist ja oft die Armut an Arbeit, an Integration, an Sprachkenntnissen der Eltern", sagte er.
Daher verspreche er sich viel von Erwerbsanreizen, so Lindner. "Das beste gegen Armut ist Arbeit." Wenn die Reform funktioniere, werde sie zu einer geringeren Inanspruchnahme der Kindergrundsicherung führen. Er sei daher "unsicher", ob der Kostenanstieg in den Folgejahren tatsächlich so eintreten werde.
Paus verwies darauf, dass den vereinbarten Eckpunkten zufolge das soziokulturelle Existenzminimum neu bemessen werde; so werde der Bedarf für Kinder an die aktuelle Lebenswirklichkeit angepasst.
Verbesserungen sind auch bei der Anrechnung von Unterhaltsleistungen und Unterhaltsvorschuss vorgesehen. "Bei höheren Unterhaltsleistungen greifen höhere Anrechnungen, um Erwerbsanreize zu erhalten." Der Unterhaltsvorschuss soll künftig "bis zum Schuleintritt ohne Mindesteinkommensgrenze gezahlt werden und für Schulkinder ab einer Mindesteinkommensgrenze von 600 Euro".
Paus sagte, unter den künftigen Beziehern der Kindergrundsicherung seien "Millionen" Anspruchsberechtigte, "die vorher gar nicht wussten, dass ihnen diese Unterstützung zusteht."
Lindner hob hervor, "dass wir mit der Kindergrundsicherung unterschiedliche heute bereits vorhandene Leistungen bündeln wollen und dass wir durch Digitalisierung und Automatisierung die Inanspruchnahme bestehender Leistungen verbessern wollen".
Paus kündigte an, das Gesetzgebungsverfahren nun zügig zu beginnen. Wenn das Gesetz zu Jahresbeginn 2025 in Kraft treten soll, müsse das Verfahren nun rasch angestoßen werden mit einer baldigen Verbändeanhörung. Eventuell könne sich das Bundeskabinett bereits Mitte September damit befassen.
Vize-Regierungssprecher Wolfgang Büchner sagte, Kanzler Olaf Scholz (SPD) "begrüßt es sehr, dass sich die Bundesregierung jetzt auf ein Konzept für eine umfassende Kindergrundsicherung geeinigt hat". Er sei sich immer sicher gewesen, dass bis Ende August eine politische Einigung gelinge.
Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) bescheinigte Paus, sie habe "sehr gut verhandelt". Es sei eine "große Leistung, dass die Regierung diese wichtige sozialpolitische Reform gemeinsam jetzt auf den Weg bringt", betonte der Bundeswirtschaftsminister.
SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich sagte am Rande einer Fraktionsklausur in Wiesbaden, es sei "ganz klar", dass die SPD-Bundestagsfraktion "möglicherweise in den Beratungen nach der ersten Lesung Korrekturen vornimmt".
Der Kompromiss zur Kindergrundsicherung macht nun auch den Weg frei für das geplante Wachstumschancengesetz aus Lindners Ministerium, das Paus wegen des Streits blockiert hatte. Sie habe "keine Einwände" gegen das Gesetz, sagte Paus. Lindner äußerte die Erwartung, dass es bei der bevorstehenden Kabinettsklausur in Meseberg beschlossen wird.
I.Meyer--BTB