Berliner Tageblatt - Söder hält trotz Affäre um antisemitisches Flugblatt vorerst an Aiwanger fest

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Söder hält trotz Affäre um antisemitisches Flugblatt vorerst an Aiwanger fest
Söder hält trotz Affäre um antisemitisches Flugblatt vorerst an Aiwanger fest / Foto: © AFP/Archiv

Söder hält trotz Affäre um antisemitisches Flugblatt vorerst an Aiwanger fest

Trotz immensen Drucks hält Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) in der Affäre um ein antisemitisches Flugblatt aus der Schulzeit von Landeswirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) vorerst an seinem Vizeregierungschef und der Koalition mit dessen Partei fest. Es gebe aber weiterhin "viele" offene Fragen, die von Aiwanger noch aufgeklärt werden müssten, sagte Söder nach einer Sitzung des Koalitionsausschusses am Dienstag in München. Aiwanger soll daher 25 Fragen schriftlich beantworten.

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Die Opposition im bayerischen Landtag kritisierte das Ergebnis des Treffens scharf und warf Söder unter anderem eine Hinhaltetaktik vor. SPD, Grüne und FDP beantragten nach eigenen Angaben zudem eine Sondersitzung des Landtags.

Das in der Kritik stehende antisemitische Flugblatt nannte Söder "ekelhaft" und "widerlich". Er sprach von "übelstem Nazijargon" und "Dreck". Allein der Verdacht, Aiwanger könnte in seiner Schulzeit mit diesem "Hetzflugblatt" befasst gewesen sein, beschädige das Ansehen Bayerns und die Glaubwürdigkeit des Freie-Wähler-Chefs, fügte der Ministerpräsident und CSU-Chef hinzu.

Aiwanger stand laut "Süddeutscher Zeitung" in seiner Schulzeit in den 80er Jahren im Verdacht, ein antisemitisches Flugblatt verfasst zu haben. Mehrere Exemplare sollen in seinem Schulranzen gefunden worden sein. Der Parteichef der Freien Wähler erklärte am Wochenende, nicht der Urheber des Pamphlets gewesen zu sein. Parallel übernahm sein Bruder öffentlich die Verantwortung.

Die Affäre fällt in die heiße Phase des bayerischen Landtagswahlkampfs, im Freistaat wird in rund sechs Wochen ein neues Parlament gewählt. Die CSU regiert derzeit gemeinsam mit den Freien Wählern in einer Koalition.

Auch Aiwangers Aussagen im Koalitionsausschuss am Dienstag reichten nicht für eine abschließende Bewertung aus, sagte Söder. Zugleich sehe er sich in der Pflicht, die mehr als 30 Jahre zurückliegenden Vorgänge zunächst "fair, objektiv und seriös" aufzuklären. Eine Entlassung des Wirtschaftsministers zum jetzigen Zeitpunkt wäre ein "Übermaß". Dies sei aber "kein Freispruch und Freibrief", ergänzte Söder. "Es darf jetzt auch nichts mehr dazukommen."

Nach Angaben des Ministerpräsidenten sagte Aiwanger zu, einen Fragenkatalog mit 25 Fragen schriftlich zu beantworten und erforderlichenfalls auch die alten Schulakten öffnen zu lassen. Eine konkrete Frist dafür nannte Söder nicht. Die Beantwortung solle "rasch" erfolgen, kündigte er lediglich an.

Söder bekräftigte am Dienstag zugleich erneut seinen Willen zur Fortsetzung des Regierungsbündnisses mit den Freien Wählern. Die Zusammenarbeit mit der Partei laufe "gut", sagte er nach dem Koalitionsausschuss. Er sehe trotz der Affäre um Aiwanger "keinen Anlass", daran etwas zu verändern. "Koalitionen hängen übrigens auch nicht an einer einzigen Person", fügte Söder noch hinzu.

Der SPD-Landeschef und -Spitzenkandidat Florian von Brunn kritisierte Söder mit Blick auf die Ergebnisse des Krisentreffens im Koalitionsausschusses als "zu schwach, sich gegen Hubert Aiwanger durchzusetzen". Söder spiele "auf Zeit, um seine Koalition bis zum Wahltag zu retten", erklärte er.

Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katharina Schulze warf Söder eine "Hinhaltetaktik " vor. FDP-Fraktionsvorsitzender Martin Hagen erklärte, die Vorwürfe beträfen "ganz Bayern", weshalb die Sache nicht von CSU und Freien Wählern "hinter verschlossenen Türen verhandelt werden" dürfe. Aiwanger müsse nun dem bayerischen Landtag "Rede und Antwort stehen".

Die CSU-Fraktion im bayerischen Landtag stellte sich derweil hinter Söder und forderte Aiwanger und seine Partei dazu auf, alle Fragen "schnellstens" zu beantworten. "Erst dann können wir seriös über das weitere Vorgehen und mögliche Konsequenzen entscheiden - klar ist, die Verantwortung liegt jetzt bei den Freien Wählern", erklärte CDU-Landtagsfraktionschef Thomas Kreuzer.

L.Janezki--BTB