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Sozialdemokrat Arévalo siegt bei Präsidentschaftswahl in Guatemala
In Guatemala hat sich der Sozialdemokrat Bernardo Arévalo bei der Stichwahl um das Präsidentenamt durchgesetzt. Der 64-Jährige siegte nach Angaben des Obersten Wahlgerichts (TSE) am Sonntag mit deutlichem Vorsprung nach Auszählung fast aller Stimmen mit 59 Prozent gegen seine Rivalin Sandra Torres. Torres holte demnach rund 36 Prozent der Stimmen.
"Das guatemaltekische Volk hat laut und deutlich gesprochen", sagte Arévalo vor Reportern. "Schluss mit so viel Korruption", versprach er. Der Wahlsieger teilte zudem mit, dass sich bereits die Präsidenten der beiden Nachbarländer Mexiko und El Salvador bei ihm gemeldet hätten, um ihm zu gratulieren und ein gemeinsames Programm zu besprechen.
Der scheidende rechtsgerichtete Präsident Guatemalas, Alejandro Giammattei, übermittelte seine Glückwünsche im vormals Twitter genannten Onlinedienst X und sprach sich für einen "geordneten Übergang" bei den Regierungsgeschäften ab "dem Tag nach der amtlichen Bestätigung der Ergebnisse" aus.
Tausende Anhänger Arévalos feierten auf Plätzen in Guatemala-Stadt und anderen Orten im Land. "Dieser Triumph bedeutet die Niederlage eines korrupten Systems", sagte der 41-jährige Soziologe Jorge Mendoza.
Die Stichwahl fand in dem unter Armut, Korruption und Gewalt leidenden mittelamerikanischen Land statt, nachdem Arévalo bei der ersten Wahlrunde am 25. Juni überraschend Platz zwei hinter Torres belegt hatte. Der 64-Jährige ist der Sohn des ersten demokratisch gewählten Präsidenten des Landes, Juan José Arévalo (1945-1951). Er hatte vor allem den Kampf gegen die Korruption zu seinem Thema gemacht und versprochen, das Bildungssystem zu verbessern und die Gewalt und das Elend zu bekämpfen. Der Chef der Partei Semilla verkörpert daher die Hoffnung vieler Bürger auf einen grundlegenden Wandel in Guatemala.
Die unterlegene Torres hatte sich bereits drei Mal vergeblich um das Amt beworben. Die 67-Jährige war früher mit Präsident Álvaro Colom (2008 bis 2012) verheiratet und hatte den Schwerpunkt im Wahlkampf auf die Themen Gewaltverbrechen und Armut gelegt. Torres führt die Mitte-Links-Partei UNE, die in den vergangenen Jahren aber nach rechts abgedriftet ist, bei sozialen Themen ist sie eher konservativ. Im Wahlkampf wurde sie von der rechtsgerichteten Regierung, der Unternehmer-Elite des Landes, einigen rechten Parteien, von Staatsanwälten und Evangelikalen unterstützt.
"Wir werden sehen müssen, ob Sandra Torres ihre Niederlage anerkennt, aber es wird eine lange Zeit bis zur Amtsübernahme geben. Das wird eine komplexe Zeit sein", sagte Francisco Rojas, Rektor der Universität für den Frieden in Costa Rica. Der bisherige Präsident Giammattei scheidet Mitte Januar aus dem Amt. Damit endet die seit zwölf Jahren währende Herrschaft des rechten politischen Lagers in dem zentralamerikanischen Land. Torres hatte vor der Stichwahl unter anderem Zweifel an dem Auszählungssystem geäußert.
"Der Sieg von Herrn Arévalo bedeutet die Niederlage der alten Politik, der Regierungspartei", sagte der unabhängige Politikwissenschaftler Miguel Ángel Sandoval. "Für unser Land beginnt eine neue Ära, und wir müssen uns für einen friedlichen Übergang mobilisieren."
Der spektakuläre Aufstieg Arévalos beunruhigt die wirtschaftlichen und politischen Eliten des Landes, die ihn als Gefahr für ihre Interessen wahrnehmen. Seit Arévalos Einzug in die Stichwahl geht die Staatsanwaltschaft vermehrt gegen ihn vor. Im Juli etwa hatte ein Richter auf Antrag des Generalstaatsanwalts die Registrierung von Arévalos Partei wegen mutmaßlicher Unregelmäßigkeiten bei der Einschreibung seiner Mitglieder ausgesetzt. Das Verfassungsgericht setzte diese im In- und Ausland kritisierte Entscheidung aber am nächsten Tag aus, der Oberste Gerichtshof kippte sie am Freitag komplett.
Nach Angaben des Wahlgerichts wurden am Sonntag "keine nennenswerten Zwischenfälle" gemeldet. Es sei eine "historische Wahlbeteiligung" verzeichnet worden, erklärte das TSE, ohne weitere Details zu nennen.
Tausende Guatemalteken wandern jedes Jahr aufgrund von Armut und Gewalt in die USA aus. Die Geldsummen, die sie aus den USA an ihre Familien in Guatemala überweisen, sind im vergangenen Jahr auf 18 Milliarden Dollar gestiegen - damit machen die Rücküberweisungen 19 Prozent des Bruttoinlandsproduktes von Guatemala aus.
M.Ouellet--BTB